Manch einer mag denken: passt das zusammen? … gerade in einer Zeit, da die Anzahl der Kriege und kriegsähnlichen Konflikte auf der Welt zugenommen hat? Ukraine, Krim, Afghanistan, Syrien, Libanon, Mali und Krisenherde wie in Korea. Soll ich für diese Situation dankbar sein?
Diese Kriegs- und Krisengebiete rücken dichter an uns heran, haben mit der Zunahme von Flüchtlingen auch uns unmittelbar erreicht.
Das ist kein Frieden! Da ist kein Platz für Dankbarkeit!
Oder ist da ein anderer Friede gemeint, für den ich dankbar sein kann?
Gibt es in einer nicht erlösten Welt Frieden per se überhaupt? Ist Frieden nicht eher ein Ziel, das es zu verfolgen gilt. Ein Friedensvertrag heißt nicht, es besteht Friede, sondern er ist eine (Ziel-)Vereinbarung, sich bewusst und mit aller Kraft gegen Krieg, Elend und für eine Situation einzusetzen, in der die Menschen wieder friedlich miteinander umgehen. Eine UN-Friedenstruppe bringt keinen Frieden, sondern schafft die Voraussetzung dafür, dass die Menschen wieder miteinander ins Gespräch kommen, um sich einem friedlichen Miteinander zu nähern.
Dann wäre es die Dankbarkeit dafür, dass der Friede als möglich gesehen wird, dass er als Ziel verfolgt wird, dass es Menschen gibt, die sich diesem Frieden-Schaffen immer wieder aufs Neue und auf unterschiedliche Art und Weise zuwenden.
Es gibt viele Wege sich dem Frieden zu nähern. Da sind kirchliche und nicht-kirchliche Friedensgruppen, die immer wieder darauf hinweisen, dass wir uns nicht zufrieden geben dürfen mit Situationen des Un-Friedens – im Kleinen wie im Großen – mit Blick auf Ungerechtigkeit zwischen Arm und Reich – im Umgang mit unserer Umwelt. Sie machen deutlich, dass ein bewusstes Agieren für den Frieden notwendig ist, dass man Gefahren des friedlichen Miteinanders ansprechen und sich ihnen widersetzen muss.
Ob es glaubhaft ist, wenn dies auch mit nicht-friedlichen Mitteln passiert, darüber müssen sich die Akteure selbst im Klaren werden. Da sind die Pazifisten, die jede Form von (militärischer) Gewalt ablehnen. Da sind Nicht-Regierungsorganisationen, die in Krisengebieten den Menschen Hilfe – auch zur Selbsthilfe – anbieten als Voraussetzung für mehr Frieden untereinander. Da sind Soldaten, die im Auftrag supra-nationaler Organisationen in Kriegsgebieten und in Regionen, in denen der Lärm von Waffen jeden Versuch, miteinander zu reden, übertönt, bemüht sind, die feindlichen Kräfte voneinander zu trennen, damit Ruhe einkehrt, in der wieder miteinander gesprochen werden kann, und die Chance für selbst gestalteten und angeleiteten Wiederaufbau besteht.
Aber es ist gewiss: Es gibt nicht nur den einen richtigen Weg.
Und in diesem Miteinander, in dem Ringen um den richtigen Weg, wissen und mahnen wir als Christen, dass der Einsatz von überstaatlich kontrollierter Gewalt nur das letzte Mittel sein darf. Wir glauben als Christen an die Tatsache, dass Frieden möglich ist. Wenn wir nicht daran glauben würden, woher sollten wir die Kraft nehmen den beschwerlichen Weg auf den Nächsten zuzugehen. Wir können diesen Weg gehen, weil es jemanden gegeben hat, der den Weg des Friedens vorausgegangen ist. Sein Weg war beschwerlich und auch von Rückschlägen geprägt. Er ist uns vorausgegangen, um des Friedens wegen. Wir dürfen ihm um des Friedens willen nachfolgen. Manchmal sind wir dabei erfolgreich, dann sind wir fröhlich. Manchmal erleiden wir Rückschläge. Das macht uns traurig. Dann sind wir dankbar, dass wir nicht allein sind. Dann sind wir dankbar, dass wir Anleitung finden auf dem Weg zum Frieden. Dann sind wir dankbar, dass wir nicht allein sind auf der Suche nach dem Frieden, dankbar für den Frieden, den wir mitgestalten dürfen. Dankbar für den Frieden dürfen wir sein, den wir in Jesus Christus gefunden haben und immer wieder neu finden dürfen.
Thomas Sohst – 63 Jahre – ehemaliger Berufssoldat – seit 15 Jahren Laienprediger der EKvW im Kirchenkreis Münster